Meinung: Eine Revolution ab und zu

Urs Jenni* über die wirtschaftliche Entwicklung.

Nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung ist nur möglich, wenn sich im gleichen Mass das Umfeld entwickelt. Zu diesem Umfeld gehören die Gesellschaft, die sozialen und politischen Systeme, die Werte und ethischen Leitlinien, die Regeln und Gesetze des Zusammenlebens und – vielleicht am wichtigsten – unsere Erde. Unsere grössten Herausforderungen sind Innovationen in diesen Bereichen. Die Brillanz des Geistes sichert einem heute die Zugehörigkeit zur Upperclass. Dies führt dazu, dass in Zukunft die wenigen Hochintelligenten fast alles haben werden. Die Gruppe der Leistungsfähigen wird als Zudiener den Rest bekommen. Der grossen Masse der Durchschnittlichen wird nichts bleiben. Für eine gerechte Verteilung des Reichtums braucht es einen revolutionären Ersatz für die «The winner takes it all»-Mentalität. Die individuelle Mobilität ist eine der Freiheiten, die wortwörtlich immer grenzenloser wird. Nahezu jeder Punkt der Erde kann erreicht werden. Bequem, schnell, sicher, kostengünstig. Pendlerströme bewegen sich jeden Tag durch die Schweiz und durch Europa. An Wochenenden wälzt sich eine Blechlawine vom nebligen Unterland ins sonnige Oberland und wieder zurück. Stau, Lärm und Dreck sind die Folgen. Innovationen wie Carsharing, selbst fahrende Autos und Verkehrslenksysteme versprechen Verbesserung. Eine Revolution tönt aber anders. Unser System der Demokratie hat in den 90er-Jahren den systemdiktatorischen Kommunismus besiegt. Heute, 20 Jahre später, erscheint sie ziemlich abgehalftert. Polarisierer, Volksverhetzer und Wahlversprecher erreichen die meisten Wählerstimmen. Berlusconis werden Premierminister, Trumps Präsidentschaftskandidaten. Das Rezept ist das gleiche: Kernige Aussagen, markige Auftritte, bodenlose Versprechen, und die Wählerstimmen sind einem sicher. Hier braucht das politische System der Demokratie dringend eine Revolution, um die Diktatur der Gaukler zu verhindern. Nicht nur gute Ideen sind gefragt, sondern auch Durchsetzungskraft, um solche Innovationen zu stemmen. Die Verantwortung liegt nicht beiden revolutionären Unternehmern, sondern bei den innovativen Politikern. Ich bin optimistisch, dass diese Revolutionäre kommen werden. Die Welt von morgen wird nicht nur reicher, sondern auch besser sein.

(* Urs Jenni ist Leiter des Schweizerischen Instituts für Entrepreneurship SIFE)